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Dieser Artikel entstand im Zuge der Vorbereitung eines Vortrages „wie organisiere ich mein Unternehmen der Zukunft?“. Ich beobachte zurzeit das Vorhaben in vielen Firmen neue Ansätze umzusetzen, ganz vorneweg die agilen Ansätze. Die klassische hierarchische Linienorganisation wird in Frage gestellt. Sie scheint nicht mehr zu passen für die Herausforderungen einer komplexen Zukunft.

In diesem Beitrag erfahren Sie

  • Ob neue Organisationsmodelle helfen können, die Probleme der Zukunft zu lösen.
  • Das die Form der Organisation gar nicht das Schlüsselelement in der Veränderung ist.

Lösen neue Organisationsmodelle Ihre Probleme?

Je länger ich mich mit den neuen Organisationsmodellen beschäftige, desto stärker frage ich mich, ob der Austausch einer Organisationslösung durch eine andere die Probleme schnell und nachhaltig lösen kann.

So sprechen Firmen davon ein Kreismodell, eine demokratische Unternehmensform einzuführen oder beschäftigen sich mit Modellen der Holokratie. Manche designen agile Organisationsformen mit den dazugehörigen Rollenbildern.

Eine Organisation in ihren Grundelementen umzustellen kann zu einem großem Aufwand führen. Die Umstellung dauert lange. Manche drohen zu scheitern.

Das Denken in Modellen

Wir Menschen nutzen gern Modelle, um mit einer komplexen Wirklichkeit besser klar zu kommen.

Eine Schwierigkeit kann entstehen, wenn die Modelle selbst ihre eigene Komplexität schaffen. Komplexe Vorhaben brauchen viel Zeit. Es besteht das Risiko, dass bevor Sie das neue Modell eingeführt haben, sich Ihre Realität schon mehrfach geändert haben könnte.

Genauso scheint es schwierig zu sein, dass dieser „eine Ansatz“ auf alle Funktionsbereiche mit Ihren unterschiedlichen Aufgaben und Menschen gleichermaßen passen kann. Ein „one-fits-it-all“-Ansatz ist vermutlich nicht realistisch.

Wäre es denkbar, dass mehrere verschiedene Organisationsformen zur selben Zeit in unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz kommt?

Und weiter gedacht:

Wie wäre es, eine flexiblen, selbstlernenden Ansatz zuwählen, wo das eine organisatorische Vorgehen in einem konkreten Bereich von den Leuten selbst immer weiter entwickelt wird. Und ggf. unterwegs auf ganz neue Beine gestellt werden kann.

Vielleicht ist es ein Modell der Zukunft, dass Sie in Ihrem Unternehmen eine Vielzahl paralleler Arten von temporären Organisationen im Unternehmen haben, die sich permanent verändern. Ich würde hier an das Modell von der hybriden Organisation erweitert denken. Sie haben eine multiple, lebendige Organisation nicht nur alt und neu nebeneinander wie bei der Ambidextrie.

Deshalb spielt es primär auch gar keine Rolle mehr, ob Sie eine hierachische Linienorganisation haben oder nicht. Es kommt darauf an, was Sie daraus machen. 

Die Organisation der Vielfalt permanent im Fluss.

Denken wir den Ansatz mal weiter. Schon immer gab es in Linienorganisationen Projekte. Dort wurden über die Bereichsgrenzen hinweg temporär virtuelle Nebenorganisationen aufgebaut.

Heute gibt es eine große Bandbreite flexibler Arbeits- und Organisationsformen wie Zukunftswerkstatt, Barcamps, Hackathons, temporäres Arbeiten in Coworking-Spaces, virtuelle zeitliche begrenzte Organisationseinheiten, offene Netzwerkorganisationen, Spin offs oder ähnliches. Der Vielzahl sind keine Grenzen gesetzt, vorausgesetzt die Organisation öffnet sich und ist bereit zu experimentieren.

Die virtuelle Form des Arbeitens mal eben per Videochat oder über moderne Collaborations-Tools öffnet weitere Türen. Menschen finden sich spontan, themenspezifisch zusammen und gehen wieder auseinander. Das überschreitet nicht nur Bereichs- sondern auch Firmengrenzen z. B. in der direkten Kommunikation mit Lieferanten oder Kunden.

Vielleicht ist der wesentliche Unterschied zum klassischen Projekt, dass es weniger (über-)organisiert und formalisiert abläuft, sondern mehr on the flow, auf eine natürliche und hochflexible Weise. Genutzt wird, was gebraucht wird und einen voranbringt. Alles andere wird durch Nichtbeachtung abgeschafft.

Es ist ein u. U. anderes Denken, dass nichts mehr für die Ewigkeit ist. Keine Organisationsstruktur, keine Stellen, keine Bereiche, wechselnde Verantwortung und Rollen. Alles kann sich jederzeit ändern, umgeworfen werden und neu gedacht werden.

Deshalb lohnt es sich auch nicht mehr in großen Konzepten zu denken. Es reicht eine erste Vision, was Sie erreichen wollen und dann wird Schritt für Schritt gelernt. Ich nenne das systemische und agile Organisationsentwicklung. Klingt ein bisschen spooky, ist aber ungeheuer nachhaltig, weil Ihre Organsiation permanent weiter lernt und sich dadurch selbst verbessert. 

Dazu gehört auch, dass ein bestimmtes Führungsdenken „My Home is my Castle“ der Vergangenheit angehört. Es ist durchaus denkbar, dass Sie als Führungskraft in wechselnden Konstellationen unterwegs sind, Vielleicht mal ganz entspannt als Teil eines Teams.

Wie kann ich die vielen modernen Organisationsansätze trotzdem sinnvoll nutzen?

Der wesentliche Erfolgsbaustein ist, Modelle aufzubrechen und sich zu fragen, welche Elemente des Ansatzes sich gewinnbringend nutzen lassen kann. Vielleicht nur als Einzelelement oder in Kombination mit anderen.

So liegen hinter dem Gedanken Scrum eine ganze Reihe guter Denkansätze von einfachen Tools wie das Meeting Format „Daily“, das „Kanban-Board“ oder die „Retros“ oder dem Denken in Entwicklungszyklen, welches sich vielleicht in andere Form adaptieren und umwandeln lässt. Oder Sie lernen aus der Soziokratie wie Entscheidungsprozesse mit dem „Konsent-Methode“ funktionieren können. Warum nicht!

Die Vielzahl der diskutierten Organisationsmodelle werden nicht mehr als große 1:1 Baupläne genutzt, sondern als offene Baukästen mit vielen guten Ideen von Tools, über Denkansätzen bis zur Vorgehensmodellen. Letztendlich in ähnlicher Form wie die Managementansätze aus der früheren Vergangenheit mit der Frage was ist „lean“ oder „Kaizen“ immer mit der Frage, was nützt Ihnen, was können Sie daraus lernen und was wollen Sie vielleicht mal experimentell für Ihr Unternehmen ausprobieren.

Nicht die Organisation ist entscheidend, sondern die innere Haltung.

Oder anders gesagt, nicht die Linienorganisation ist das Problem, sondern wie sie am Ende gelebt wird. Dazu gehören Elemente wie die Führung, die einzelnen Menschen, die gelebte Kultur. Eine neue Form von Organisation einzuführen und sei es nur partiell, wird ohne eine Veränderung dieser „weichen“ Elemente wird nicht funktionieren.

Wenn Führungskräfte darauf beharren, das alle Entscheidungen über sie laufen müssen, Mitarbeiter sich in der Wiege der Verantwortungslosigkeit wohlfühlen oder eine informelle Regel der Kultur dazu führt, dass Fehler oder das offene Wort bestraft werden, dann sind dies die Stolpersteine, die jede Veränderung torpedieren können.

Jede strukturelle Veränderung ist gleichzeitig auch eine „psychologische“ Veränderung im Denken und Verhalten der Menschen. Eine Veränderung der bestehenden Unternehmenskultur.

Ein Berater oder Coach kann helfen

Der neutrale Blick von außen hilft immer. Dazu kommt noch das spezifische Know How von Methoden, Tools, Vorgehensweisen. Da es ist hier um Lernprozess (selbstlernendes Unternehmen) geht, braucht es den Coach genauso gut wie den Berater.

Wichtig bei der Frage der Auswahl des passenden Beraters ist die Frage nach passenden Denk- und Arbeitsansatz. Hier geht es nicht um die Einführung einer neuen Methode. Hier geht es um einen systemisch, agilen Lern- und Entwicklungsansatz für Ihre Organisation, Ihre Führungskräfte und Mitarbeiter. Dieser funktioniert eher begleitend ohne große Konzepte oder Programme.

In diesem Beitrag erfahren Sie:

  • Ob neue Organisationsmodelle helfen können, die Probleme der Zukunft zu lösen.
  • Das die Form der Organisation gar nicht das Schlüsselelement in der Veränderung ist.

Führung verändern

Eine Linienorganisation muss nicht besser oder schlechter sein als andere Unternehmensformen. Es kommt darauf, wie sie gelebt wird. Ein wesentlicher Bestandteil davon ist Führung.

Als langjährige Führungskraft komme ich aus einer Welt, wo Führungskräfte noch Fürsten waren (und der Vorstand die Königsfamilie). Unterstützt wurde dies noch mit dem Status, dem großen Büro, der Sekretärin oder dem Dienstwagen. Nicht selten wurden auch entsprechende geschlossene Kreise gebildet, der Kreis der Direktoren oder der Leitenden. Wie gute Fürsten hat man sich um seine Bürger gekümmert, mit anderen Fürsten Koalitionen gebildet oder Kriege geführt. Das Bestreben war sein Fürstenreich wohlhabender und reicher zu machen. Man könnte diese Bild beliebig weiterspinnen. Die heutige Unternehmenswirklichkeit hat sich jedoch vielfältig weiterentwickelt.

Eine moderne Organisation setzt auf Offenheit und Flexibilität. Auf ein wertschätzendes und partnerschaftliches Miteinander zwischen den Ebenen und Bereichen. Grenzen wie bei den früheren Kompetenzstreitigkeiten spielen immer weniger eine Rolle. Jeder bringt sich bestmöglich ein. Das positive Netzwerken ist eine Zukunftskompetenz. Am Ende ist gar nicht mehr relevant, wer denn die Krone auf hat.

Das heißt die Führung, der Mensch Führungskraft verändert sich. 

Die Rolle der Unternehmenskultur

In aller Kürze. Es gibt verschiedene Definitionen von der Unternehmenskultur. Ich greife mal ein Element heraus.

Jedes Unternehmen entwickelt seine Kultur über den Zeitverlauf. Die Kultur hat ein Set von Verhaltensregeln, die bestimmen, was zur Kultur passt und was nicht. Was sein darf und was nicht. Deshalb sprechen auch manche von der DNA des Unternehmens (evolutionär gewachsen).

Wer sich an die Regeln hält, gehört dazu. Wer nicht gilt bestenfalls als Sonderling oder Querkopf. Schlimmstenfalls grenzt die Kultur die Person aus und stößt sie ab. Das passiert manchmal direkt, aber oft subtil „Der passt nicht zu uns oder zu unserem Unternehmen“.

Diese Regeln entstehen vielfach aus der Erfahrung in der Zusammenarbeit. Fast wie bei der Kindererziehung, gutes Verhalten wird belohnt, schlechtes in irgendeiner Form bestraft.

Manche Regeln sind explizit z. B. im Wertekanon des Unternehmens niedergeschrieben. Viele aber auch nicht. Wir nennen Sie informelle Regeln. Diese sind oft wesentlich wirksamer.

In meiner früheren Firma war es in einem gewissen Zeitraum „nicht angemessen“ Konflikte offen auszutragen. Daraus entwickelte sich eine Subkultur. Es gab keine offene Widerrede. Vereinbarungen wurden aber dann plötzlich nicht eingehalten. Der Widerstand suchte sich einen anderen Weg. Das System hat sich darauf eingestellt. Es gab „geheime“ Nebenabsprachen.

Es gilt solche ungewollten Regeln zu identifizieren und umzuwandeln. Das braucht etwas Zeit und viel konsequentes Nachhalten. Neues Verhalten muss erst gelernt und erlebt werden.

Der systemisch, agile Ansatz

Wie verändere ich die Führung oder die Organisation?

In kleinen, lernenden Schritten am besten mit einer hohen Beteiligung der Betroffenen.

Es wird kein fertiges Modell genutzt, sondern es stellt sich als erstes die Frage, was genau können sie (als Team) gemeinsam ausprobieren, um ihr Problem zu lösen oder in Richtung ihres Zieles voranzukommen.